Von St. Nikolaus im Ultental auf die Ilmenspitze (2.656 m)
Es ist schon seltsam, wenn im Urlaub der Wecker Punkt 7.00 Uhr klingelt und wir nach einem kurzen Frühstück schnell unsere Wohnung verlassen. Kein Ausschlafen, kein gemütliches Frühstück nach einer schönen Joggingrunde auf dem Walweg, sonst würden wir unsere Touren bis Nachmittags nicht geschafft haben. So ist es auch heute. Ein erster, noch verschlafener Blick nach draußen verheißt einen wunderbaren Tag. Die aufgehende Sonne färbt die Berge des Vinschgaus glutrot, es ist keine Wolke am Himmel und völlig windstill. Ab 7.30 Uhr hängen die frischen Semmeln an der Tür, so dass wir 30 Minuten später mit dem Auto unterwegs ins Ultental sind. Wir wollten es zwar die Zeit hier nicht bewegen, da die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in Südtirol mit der Gästekarte kostenlos ist, die Anfahrt heute würde ich jedoch ungern mit dem Bus machen wollen.
Die Fahrt von Lana ins Ultental liegt mir aufgrund der vielen, teils engen Kurven nicht so gut. Aber nach 30 Minuten Geschlängel haben wir St. Nikolaus erreicht. Es hat inzwischen auf der Höhe von 1.271 m doch immerhin 0,5 Grad Celsius, so dass wir uns schon im Auto warm einpacken. Wir frieren jedoch nicht länger als 15 Minuten, da es sofort richtig steil zur Auerbergalm bergauf geht. Es gibt kein Warmlaufen, was ich viel lieber mag. Wir laufen immer entlang eines Baches der ab und an kleine Wasserfälle bildet, erst durch Tannenwald, später durch Lärchenwald zu unserem ersten Etappenziel, der Auerbergalm. Hier stellt sich heraus, dass die etwas 500 hm oberhalb liegende Seefeldalm nicht bewirtschaftet ist, so dass wir uns auf eine späte, dem Ziel nahe Einkehr einstellen.
Immer weiter winden wir uns bergan, erst noch auf einem Forstweg, der bis zur Talstation der Materialseilbahn der Seefeldalm geht, danach geht es auf steilen Steigen weiter. Das Wasser, welches von den umliegenden Bergen kommt, fällt in einem Wasserfall herunter, dessen Fallhöhe wir auf ziemlich steilem Weg überwinden müssen. In Anlehnung an den Ochsentodweg bei Dorf Tirol haben wir diesem Abschnitt auch den Namen Ochsentodweg gegeben. Die Aussicht auf die umliegenden Berge, die Schritt für Schritt besser wird, die gelben Almböden mit dem Lärchenbewuchs und das Rauschen des Wasserfalls versüßen die Anstrengung.
Nachdem wir „über die Kante“ gekrabbelt sind, sehen wir auf einen riesigen Almboden mit der Seebergalm, die umrahmt wird von den umliegenden Gipfeln. Einer davon wird unserer sein. Nach einer kurzen Pause suchen wir den Seefeldsee. Da hier und wirklich nur hier die Markierung etwas spärlich und die Beschilderung an der Alm etwas widersprüchlich ist, steigen wir über einen großen Buckel weiter gen Süden auf. Nach einer kurzen Phase der Unsicherheit, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, sehen wir das Ufer des Seefeldsees, in dem sich die schneegefleckten Gipfel spiegeln.
Jetzt geht es nochmals richtig los und wir merken die Höhenmeter, die wir zu den Spronser Seen zurückgelegt haben, jetzt deutlich. Sollen wir aufgeben? Die Gespräche werden weniger und jeder kämpft für sich. Da wir mit jedem Schritt noch mehr der umliegende Gipfel sehen und wissen, dass uns auf der Ilmenspitze ein grandioses Panorama erwartet, kämpfen wir weiter. Der Gipfelanstieg mit den letzten 200 hm sieht von unten schlimmer aus, als er letztlich ist. Als wir uns abermals über die Kante schieben, sind wir doch fast sprachlos. Viel mehr geht wirklich nicht…
Ortler, Ötztaler Berge, Similaun, Sarntaler Alpen, Dolomiten, und so weiter…
Die verdiente Gipfelrast könnten wir ewig ausdehnen, zumal fast kein Wind geht und es hier in der Höhe gut auszuhalten ist. Da wir den Anstiegsweg zurück gehen, wissen wir, was noch kommt und trennen uns schweren Herzens von diesem phantastischen Ort. Der Abstieg ist fordernd, da es viel Steinehüpferei ist, dennoch verlieren wir schnell an Höhe. Wahrscheinlich ist es die Aussicht auf eine gute Brettljause oder Speckknödel, die die Müdigkeit aus den Beinen vertreibt. Nach knapp 2 Stunden haben wir die 1.000 hm zur Auerbergalm geschafft. Da ich immer Erwartungsmanagement betreibe, stelle ich mir lieber vor, dass sie geschlossen ist und wir doch noch ins Tal absteigen müssen. Leider kommt es genau so…
Das trübt die Stimmung dieses wundervollen Tages erheblich, zumal am Ausgangspunk ein Hinweis auf die geöffnete Hütte angebracht war. Wir kämpfen uns also die letzten 400 hm bergab und hoffen, dass wenigstens in St. Nikolaus am Nachmittag etwas geöffnet hat. Wir sehen eine Fahne, die hier oft ein Gasthaus signalisiert und laufen zum Ortszentrum etwas bergan. Es ist ein Gasthaus. So richtig willkommen sind wir hier nicht. Essen gibt es wieder ab 18.00 Uhr, jetzt ist es 15.00 Uhr. Auf die Frage nach Kuchen erhalten wir eher widerwillig die Antwort, dass es Apfelstrudel gäbe. Ob willkommen oder nicht, wir haben Hunger und essen also Apfelstrudel….ohne Sahne. Ich muss ihn dennoch loben, er ist wirklich richtig gut. Gestärkt treten wir dann die Rückfahrt an und schlängeln uns wieder hinaus aus dem Ultental.
Aufstieg/Abstieg: 1.385 hm / Dauer: 6 Std.
🙂
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Gipfel soweit das Auge reicht….
… mag ich in mitten vieler Wolkenkratzer hier auch sagen koennen.
Ein morgendlicher virtueller Ausflug in die ruhige Bergwelt ist da gerade richtig, kurz die Hektik dieser Stadt auszublenden😄
Vielen Dank fuer den Blog und die 5 min Auszeit in der ich die Bergluft fast riechen kann …. und die fast schon zu einem morgendlichen Ritual geworden ist…..
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