Vom Col Raiser über die Siellesscharte zur Puezhütte
Heute war wirklich alles dabei und zwar fast ausschließlich von dem, was wir mögen: Traumwetter, herrliche Ausblicke, eine Scharte, etwas Kraxelei, Murmeltiere, keine Seilbahn von einer anderen Seite, wenig Menschen, ordentlich Strecke und Höhenmeter…
Aber von vorn: Der heutigen Tour haben wir uns von zwei Seiten genähert und sind beide zum gleichen Ergebnis gekommen, es soll die Puezhütte sein. Für mich mit etwas München-Venedig-Planungserfahrung, war sofort klar, dass es eine der Hütten vom Traumpfad ist (die ich noch nicht hatte).
Wir laufen direkt von der Haustür los, was ich als wahren Luxus empfinde. Den Weg zur Seilbahn auf den Col. Raiser kennen unsere Füße. Dieses Mal nutzen wir sie jedoch, um uns zum Ausgangspunkt, der doch ziemlich langen Tour zu bringen. Bei Sonnenschein sieht hier oben alles viel besser aus:

Die paar Schritte zur Regensburger Hütte sind schnell geschafft und jetzt startet der Tag eigentlich erst. Durch Latschen geht es erst ab und dann auf zu einem riesigen Almboden, den wir eben durchwandern. Am Ende der Alm geht es aufwärts, erst ziemlich gemächlich, bald jedoch in engen Kehren hinauf zur Siellesscharte auf 2.505 m. Das ist mein Gebiet, einfach einen Schritt nach dem anderen, ganz gleichmäßig nach oben ziehen. Es könnte ewig so weitergehen. Tut es aber nicht; wir schauen plötzlich in das nächste Tal, was das schöne an Scharten und Jöcheln ist. Der frische Schnee beim Aufstieg war unproblematisch, im Gegenteil, er gab sogar zusätzlich Sicherheit. Das ungewöhnliche an der Siellesscharte – wir gehen nicht bergab…

Es geht seilversichert in leichter Kraxelei weiter nach oben – ich liebe es. Der Ausblick ist traumhaft und wir genießen jeden Schritt. Oben angekommen geht es, mit Ausnahme kleiner Gegenanstiege nur noch bergab. Wir sehen am gegenüber liegenden Bergrücken unseren Weg zur Puezhütte, nichtsahnend, dass diesem noch mehrere Bergrücken folgen. Auf geraden Wegen oder bergab sind wir halt Durchschnitt…. und holen keine Zeit auf.
Am Motivationstief aufgrund des einsetzenden Hungers heitern uns junge Murmeltiere auf. Die sind völlig arglos. Kein Pfiff ertönt und wir können sie in aller Ruhe beobachten. Zwei Bergrücken weiter rutscht endlich die Hütte ins Visier. Wir verkrümeln uns nach drinnen, da es frisch ist und die Sonne ab und zu hinter den Wolken steckt. Drinnen ist es auch nicht viel wärmer… egal, wir haben Hunger. Ich bestelle in ordentlichem Italienisch in vollständigen Sätzen – die Lernerei zahlt sich doch aus 🙂

Da uns ein langer Abstieg bevorsteht, dehnen wir unsere Pause nicht allzu lang aus. Wir verlassen den Alta Via Dolomiti 2, auf dem wir zuletzt gelaufen sind und gehen in den senkrecht abfallenden Flanken am Rande der Puezgruppe auf einem erstaulich gut zu gehenden Weg steil abwärts. Wir verlieren schnell an Höhe und kommen bald auf einen latschengesäumten Weg, der uns ins Langental bringt. Der Name ist Programm – es ist ein langes Tal und wir laufen relativ zackig mehr als eine Stunde bis zu den ersten Zeichen der Zivilisation. Dabei queren wir wieder große Almen mit riesigen Schafherden. Es sind wahrlich süße und ganz junge Lämmchen dabei…
Im Langental ist noch lang nicht Schluss, wir müssen weiter ins Zentrum von Wolkenstein, um einen Bus nach St. Christina zu bekommen. Das sind nochmals ein paar Kilometer. Egal – es lockt der Apfelstrudel. Den nehmen wir jedoch nicht in Wolkenstein, der Bus kommt gerade 😉 Aber als Stärkung für die letzten Meter in St. Christina kommt er uns dann doch recht. Das erhöht auch die bislang schlechte Quote und er ist durchaus gut im Rennen bei der Wahl des besten Strudels 2017.
Noch ein paar Meter bergauf und die heutige Tour ist beendet. Es waren netto 5 Std. 30 Minuten bei wiederum knapp 1.000 hm und 20 km und es war ein Traumtag…