Von Ehrwald über den Stopselzieher auf die Zugspitze (2.962 m)
Ehrlich gesagt spuckte es seit langem in meinem Kopf herum, mal wieder auf die Zugspitze zu gehen. Dazu muss aber soviel zusammenpassen, dass es nur ganz wenige Möglichkeiten im Jahr gibt. Und wenn man könnte, kann man manchmal nicht: nicht genug trainiert, keine Lust,…
Mitten in unserem Sommer-Wanderurlaub aber ist vieles zusammengekommen, was es plötzlich mal wieder greifbar gemacht hat. Die Wetterprognose zeigte stabilstes Hochdruckwetter, ich war bestens im Training und mein Chef stimmte einer spontanen Verlängerung meines Urlaubs zu. Einziger Wermutstropfen – ich muss alleine gehen, der Lieblingsmann hat leider nicht so viel Urlaub.
Also bin ich an unserem Hochzeitstag um 5.00 Uhr aus den Federn – nein, nicht gesprungen aber gekrabbelt und saß wenig später im Auto auf der Fahrt nach Ehrwald. Ein wunderbarer Morgen mit einem grandiosen Sonnenaufgang. Ganz langsam schlich sich bei mir doch etwas Nervosität ein – schaffe ich es allein, wie ist es im Klettersteig, ist alles so, wie ich es im Kopf habe? Alles Grübeln bringt nichts, man muss es tun. Also starte ich 6.30 Uhr am Parkplatz der Ehrwalder Zugspitzbahn und genieße die ganz wenigen nur leicht ansteigenden Meter.
Es geht recht schnell wirklich steil bergan, könnte mal eine Skipiste gewesen sein. Das ist allerdings eher noch zum Warmlaufen, denn es sind nur um die 6 km für die rund 1.700 hm. Direkter nach oben geht es nur mit der Seilbahn.
Langsam laufe ich mich ein und die Waden zwicken auch nicht mehr, und langsam gibt es auch Aussicht, die von dem, was so vor mir liegt, etwas ablenkt.
Durch Latschenkiefern hindurch schlängelt sich der Weg über zumeist feinen Schotter gleichmäßig steil nach oben. Es sind viele unterwegs, für einen Montag Morgen unerwartet viele. Ich denke mal noch nicht an den Klettersteig, sondern konzentriere mich einfach aufs Atmen – tut not. Im großen Schotterkar biege ich – wie beim letzten Mal auch – in eine falsche Wegspur ein. Als ich es feststelle, will ich die paar Meter einfach so queren, aber der schottrige Untergrund gibt deutliche Signale. Das lass ich mal lieber.
Am Ende des Kars kann man ein paar Meter fast geradeaus gehen. Für mich eine gute Gelegenheit, für einen kleinen Snack und den Blick auf den Eibsee.
Ab hier macht es Spaß, immer am Fels entlang, mal mit mal ohne Seil und immer ein schöner Ausblick. Die Passage ist leider vergleichsweise kurz, ehe es mit Blick zum Berg kurzzeitig sehr steil hinauf zur Wiener-Neustätter-Hütte geht. Und plötzlich klebt sie da im Gestein mit ein paar Wanderern auf der Terrasse, die dampfende Kaffeehaferl in der Hand halten. Pause?
Der Blick über das kleine Kar hinüber zum Einstieg in den Stopselzieher gibt die Antwort: Nein. Es sind kaum Leute vor mir und hinter mir ist auch Ruhe. Also gilt es die Gunst der Stunde zu nutzen. Das Kar ist schnell gequert und schon stehe ich am Klettersteig. Helm auf und… oh Mann, ich habe die Handschuhe vergessen. Das trägt nicht wirklich zu meiner Erbauung bei. Da es frisch, aber nicht kalt ist, geht es ohne Handschuhe besser als gedacht. Es lässt sich unproblematisch laufen und es gibt doch auch genügend Möglichkeiten, zu passieren oder passieren zu lassen. Denn es sind doch einige Mendchen im Steig drin und jeder hat so seine eigene Geschwindigkeit.
Wie schon beim letzten Mal halte ich den Klettersteig für weniger ambitioniert als das, was danach noch kommt. Man muss schon sehr konzentriert laufen, um in dem rutschigen Gemisch aus feinem Gestein und etwas Neuschnee nicht auszurutschen. Zumal ich ständig versucht bin, nach oben zu schauen, da die Aufbauten auf dem Gipfel greifbar nah erscheinen. Wie gesagt – erscheinen. Es dauert ewig und es ist mal wieder ein „Braunschweiger Hütte-Moment“. Irgendwann erreiche ich den Übergang, an dem alle Anstiegswege zusammenlaufen und bin mal wieder dankbar, die kurze Variante gegangen zu sein. Es ist ein schattiger Anstieg und man muss sich nicht in weitem Bogen vom Sonnalpin nach oben schlängeln, wie Perlen an der Schnur.
Die letzten Höhenmeter sind nicht so schnell geschafft, aber irgendwann sind sie es. Das letzte Stück ist für mich immer Quälerei, die im ‚Untergeschoss‘ der Zugspitze mit einer kleinen Brotzeit endet. Oben ist es mir definitiv zu voll, das signalisiert schon der Geräuschpegel. Ich genieße den Ausblick und die Freude der ankommenden Wanderer, es ebenfalls geschafft zu haben. Es ist trotz der vielen Menschen ein stiller Moment. Es geschafft zu haben (umkehren wäre bei der Sttecke sehr unangenehm), mir selbst ein Geschenk zum Hochzeitstag gemacht zu haben, auf dem höchsten Berg Deutschlands zu sitzen und das aus eigener Kraft.
Der Rest ist schnell erzählt. Ich schaue hoch auf die Plattform und entscheide mich in Anbetracht der Menschenmenge sofort zur Ehrwalder Seilbahn zu gehen. Nach wenigen Minuten Wartezeit schwebe ich mit Blick auf meinen Aufstiegsweg nach Ehrwald hinunter und mein Mittagessen gibt es bereits am heimischen Esstisch – ein effizientes Bergerlebnis 😉