Von Faistenoy (927 m) zum Waltenberger Haus (2.081 m)
Der Lieblingsmann will hoch aber nicht weit fahren. Das ist eine einigermaßen anspruchsvolle Aufgabe, trotz unserer Nähe zu den Bergen, etwas Entsprechendes zu finden. Nichts Bekanntes, über 2.000 m (alles andere ist nicht hoch) sollte es sein und hitzebedingt eine kurze Anfahrt haben. Ich wälze unsere Wanderführer hin und her und konsultiere noch einschlägige Apps – es kommt wenig dabei heraus, da sich aufgrund des Urlaubsreiseverkehrs einige Talorte verbieten. Ich entdecke in der Nähe von Oberstdorf eine schöne Rundwanderung in den Allgäuer Hochalpen mit dem Wildegundenkopf als Gipfelziel.
Wir starten für unsere Verhältnisse früh und biegen um 7.45 Uhr bereits auf den Parkplatz der Fellhornbahn ein. Vier Euro Parkgebühr sind fällig, dank Corona sind wir jedoch zu Kartenzahlern geworden und Münzgeld ist Mangelware. Okay, Parkplatzwechsel direkt in der Nähe der Bergbahn – die Kasse öffnet jedoch erst 8.30 Uhr. So früh aufgestanden und jetzt…
Doch noch mal ein Blick vom Lieblingsmann zum Parkscheinautomat und siehe da, hier kostet es nur 2 Euro und die haben wir. Schlag 8.00 Uhr sind wir startklar und bibbern uns auf den ersten Kilometern nach Birgsau bei frischen 11 Grad und Schatten erst einmal warm. Von hier geht es hinauf in Richtung Einödsbach, wobei unser Weg nach wenigen hundert Metern abzweigen soll. Wir finden keinen Hinweis, kein Symbol, nichts. Den Wasserfall, an den unser Weg führen soll, den sehen wir. Vielleicht ist es doch weiter oben? Ehe wir uns versehen, sind wir in Einödsbach, der höchstgelegenen ganzjährig bewohnten Siedlung Deutschlands.
Na gut, Planänderung. Dann laufen wir die Runde halt umgekehrt und starten mit dem Waltenberger Haus als erstes Ziel, eigentlich die verdiente Einkehr nach dem Gipfel. Während wir über die Planänderungen diskutieren, sehe ich am Wegrand unter einem Schild eine ganze Kiste mit Brot. Das Schild verrät, dass es zum Waltenberger Haus, einer hubschrauberversorgten Hütte muss und Wanderer mit Platz im Rucksack gebeten werden, doch etwas mitzubringen.
Wir packen um, so dass der Lieblingsmann zwei dieser Laibe in den Rucksack bringt, unser Zeug ist jetzt bei mir. Das ist unsere gute Tat für heute.
Entlang des Bacherlochs geht es angenehm auf schmalen Wegen bergan. Man muss konzentriert laufen, da es rechts oder links meist direkt und ohne viele Pflanzen oder Steine abwärts geht. Wir queren viele Bäche und nach ungefähr der Hälfte der Strecke kommt auch die Sonne ins Tal, noch ganz angenehm. Jedoch wird der Weg jetzt auch deutlich steiler und ein bisschen Kletterei ist auch dabei.
Dann sehen wir plötzlich das Waltenberger Haus und stellen in den folgenden Minuten den „Braunschweiger-Hütte-Effekt“ fest, eine hochgelegene Hütte auf dem E5, die wir in der vollen Mittagshitze mehr als eine Stunde immer im Blick hatten. Man fühlt, als ob man dem Ziel nicht näher kommt, aber den Kaiserschmarrn schon riecht. Ich mag es nicht und der Lieblingsmann auch nicht. Es hilft aber nix…
Und nach genau 3,5 Stunden sind wir da und sitzen mit Skiwasser und Kartoffelsuppe unterhalb von Trettachspitze, Mädelegabel und Bockkarkopf – alten Bekannten, die den E5 – unsere erste große Mehrtageswanderung – anfänglich gesäumt haben. Der Wildegundenkopf liegt direkt hinter der Hütte. Nachdem wir für das mitgebrachte Brot mit einem Schnaps belohnt werden, entscheiden wir, den heute auszulassen. Dennoch lässt uns der geplante Rundwanderweg noch nicht los und ich finde des Rätsels Lösung am anderen Ende der Terrasse. Der Weg ist aufgelassen; das erklärt natürlich alles. Zugegebenermaßen ist unser Wanderführer von 2009 nicht mehr ganz frisch.
Damit ist der Rückweg klar – es geht bergab, wie wir bergauf gekommen sind. Erst beim Abwärtsgehen merken wir wie steil doch auch die ‚angenehmen‘ Wegstücke sind. Es isg inzwischen arg heiß und ich bin in Anbetracht der bergan schnaufenden Wanderer so froh, früh gestartet zu sein. Unterwegs treffen wir ein – das darf man sagen – sehr altes Ehepaar, die wir bereits am Start in Einödsbach auf dem Weg überholt haben. Wir kommen kurz ins Gespräch und erfahren, dass sie die Tour zum Waltenberger Haus dieses Jahr erstmals nicht geschafft haben und an der ersten Kletterstelle umgekehrt sind – hitze- und zeitbedingt. Wir finden das bemerkenswert, in dem Alter und als nicht Einheimische mal eben 700 hm noch zu gehen – Wahnsinn!
In Birgsau schaffen wir es genau, den Bus zu erreichen, so dass wir uns den Talhatsch entlang der Stillach sparen.
Schöne Tour, die uns dem Heilbronner Höhenweg etwas näher gebracht hat, da wir damit die Basics ausgekundschaftet haben.
6 Stunden, 18 km und 1.200 hm.