Im Reich des Steinbocks I

Vom Kleinwalsertal (1.086 m) zur Mindelheimer Hütte (2.013 m)

Es ist für uns ein ungewöhnlicher Urlaubsstart. Normalerweise packen wir Freitags bis in die Nacht, um Samstags möglichst früh nach „was weiß ich wohin“ aufzubrechen. Dieses Mal gelingt uns ein sanfter Start in den Urlaub und wir starten Sonntags zu einer zweitägigen Wanderung , als Ersatz für den geplanten Berninatrek. Und nein, Corona hat uns keinen Strich durch die Rechnung gemacht, sondern der viele Schnee, der noch immer in Höhen über 2.000 m liegt und die mangelnde Kondition eben deshalb.

Deshalb haben wir uns entschieden, den Berninatrek noch ein weiteres Mal zu verschieben und als Mini-Ersatz hat der Lieblingsmann diese schöne Runde aus dem Hut gezaubert. Und so starten wir Sonntags mit einer gemütlichen Anfahrt von einer Stunde in Baad im Kleinwalsertal. Hier kann ich meine ‚teuer‘ erworbene Parkster-App gleich wieder zum Einsatz bringen, allerdings mit moderaten Preisen. Und dann geht es los, erst gemütlich entlang der Breitach zum warmlaufen. Das gefällt mir, da es dann keine Probleme mit den Waden beim Aufstieg gibt. Der kommt natürlich unweigerlich und wir steigen im Wildental erst einmal recht gemächlich auf. Vorbei an einigen Almen, denen wir – deutlich vor Mittag – natürlich widerstehen. Mit der Zeit werden es auch weniger Menschen, die mit uns unterwegs sind.

Der Aufstieg erinnert mich an den Anfang des E5 in der Allgäuer Alpen – es ist grün, es ist steil, es ist super zu gehen. Der Aufstieg mutet stufenartig an und auf der ersten Stufe ist ein wirklich schöner Wasserfall das lohnende Ziel. Wenn es etwas wärmer wäre, sicher eine lohnende Abkühlung, aber das lasse ich trotz Aufstiegshitze lieber mal bleiben. Gute Wahl, denn die Sonne verkriecht sich jetzt – und im Nachhinein endgültig – hinter den Wolken.

Wir stapfen weiter Aufwärts und auf der nächsten Stufe steht eine Alm. Aus etwas Entfernung hören wir Kuhglocken und wir suchen uns hier oben einen großen Stein, um unsere Brotzeit zu verzehren. Familie Murmeltier leistet uns Gesellschaft oder besser, wir ihnen. Man muss nur ruhig bleiben, dann kann man sie wunderbar beobachten und es wird nicht langweilig dabei. Aber kalt, deshalb ziehen wir auch weiter zur nächsten Stufe – der Kemptner Scharte (2.050 m). Erst geht es gemächlich dahin. Der Weg schlängelt sich entlang eines Baches und man läuft in den Talschluss hinein, nur ahnend, wo es letztendlich wirklich hoch geht. Hier….

Im Geröll steigen wir anfangs sehr mühsam bergauf. Bald wir das lose Gestein weniger und wir krabbeln Serpentine um Serpentine nach oben. Wir lieben Scharten und Jöchle, da es, oben angekommen, immer etwas Neues zu sehen gibt. So auch hier – 14.15 Uhr, was genau meiner Schätzung entspricht, sind wir oben.

Der Aufstieg zum Kemptner Köpfle bleibt uns aufgrund der Wolkendecke im Gipfelbereich für heute erspart. Wir schauen jetzt auf die Lechtaler Alpen, wobei wir nur für kurze Zeit eine gute Sicht haben. Dafür erwarten uns wenige Meter vor der Mindelheimer Hütte selten gesehene Bergbewohner: Steinböcke. Eine ganze Herde grast friedlich auf den Grashügeln um die Hütte herum. Wobei sie für ein gutes Bild zu weit entfernt sind. Dennoch ein wunderbares Gefühl, sie so nah zu sehen und immer wieder festzustellen, dass sie überhaupt nicht scheu sind. Hoffentlich bleibt es so, was ja nur in unserer menschlichen Hand liegt.

In der Hütte angekommen, sind wir sehr gespannt, wie es jetzt unter geänderten Bedingungen abläuft. Einen richtigen Schlafsack haben wir dabei und neben dem üblichen Test ist es eine der wenigen direkt spürbaren Änderungen. Die Lager sind natürlich nicht voll und jeder hat einen festen Sitzplatz, aber sonst ist alles fein. Das Waschwasser ist kalt wie immer und das Essen schmeckt – wie nach jeder Anstrengung – hervorragend. Ein entspannter Tagesausklang hier oben mit ein paar Gleichgesinnten – ich habe es sehr vermisst und bin froh über diese kleine Flucht…

Es ist egal welchen Berg man besteigt, von oben sieht man besser.

3,5 Stunden, 9km und ca. 1.000 hm

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