6. Etappe – Abstieg von der Kölner Hütte (2.337 m) nach Welschnofen
Gestern Abend habe ich mal richtig geschlemmt und mir ein Knödeltris mit Speck-, Spinat- und Käsknödel gegönnt. Waren die gut, locker aber nich kurz vor dem Auseinanderfallen, geschmacksintensiv,… zum niederknien. Die Mahlzeit habe ich auch gebraucht, um mich innerlich zu wärmen, da es ziemlich frisch auf der Hütte war und erst recht in den Zimmern.
An meinem Tisch saß ein Mann aus Oldenburg, der erstmals richtig in den Bergen zum Wandern und Klettersteig gehen war. Als Höhenretter (das sind die Bergretter vom flachen Land) hat ihm das ziemlich Spaß gemacht und wir haben einen kurzweiligen Abend verbracht.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich vor Kälte überhaupt schlafen kann, aber es hat funktioniert und ich wurde heute morgen vom Kaffeeduft geweckt. Zum Frühstück gab es das übliche Hüttenfrühstück und zusätzlich Linzer Schnitten…. da hätte der Lieblingsmann sicher seine Freude gehabt. Ich auch, was davon zeugt, dass ich in den Bergen irgendwie einen anderen Geschmack habe.
Kurz nach 8.00 Uhr bin ich fertig und kann mit dem Abstieg beginnen, nicht ohne jedoch ein Foto zu machen, da es gestern hier außer Wolken nichts zu sehen gab. Auch heute erwische ich nur ein kleines wolkenloses Fenster.
Unglaublich ist der Blick für mich zurück zur Wand, aus der ich gestern irgendwie herausgekrabbelt bin. Man hätte es auch als kleinen Klettersteig titulieren können.
Der Weg heute ist wenig… wenig spektakulär, da Rosengarten und Latemar wolkenverhangen sind; wenig gut zu gehen, da es viel Geröll unter den Füßen ist und wenig schön anzusehen, da hier – wofür auch immer – großer Kahlschlag bei den Bäumen betrieben wurde. Aber genau dann sind es die kleinen Dinge, die zählen. Die zwei Rehe, die meine Gesellschaft beim äsen sehr lange geduldet haben. Da merkt man einfach die zwei Stunden Unterschied zum Tageswanderer. Diese Momente gibt es dann eher nicht.
Nach 2,5 Stunden habe ich die 1.200 hm hinab nach Welschnofen geschafft und … ich Glückliche bin vier Minuten vor dem Bus an der Haltestelle. In 45 Minuten inklusive Umsteigen bringt mich der Bus nach Bozen. So langsam wird mir bewusst, dass wieder das andere „ich“ zum Vorschein kommt und ich das „Berg-ich“ verabschieden muss. Jetzt, wo ich eingelaufen bin, wo ich mit der Ruhe um mich herum und in mir zurecht komme, jetzt…
Es ist ja nicht für immer, Pläne gibt es genug und es ist immer wieder eine Ansammlung von schönen Momenten, Eindrücken und interessanten Gesprächen, die ich jetzt dann Stück für Stück archiviere.
Damit geht der nördliche Teil des Alta Via Dolomiti zu Ende.
Gehzeit: 2 h 20 min, Höhenmeter: 1.200 ab, Entfernung: 8,5 km
